75 Jahre Mannheimer russ.-orth. Kirche des Heiligen Alexander Newskij

Unsere Gemeinde feierte in diesem Jahr ihr 75-jähriges Jubiläum. Die meisten von uns wissen es: aus dem winzigen heiligen Pflänzchen, das im Jahr 1942 mehrheitlich von sowjetischen Zwangsarbeitern unter den elenden Verhältnissen von Krieg und Barberei in Mannheim-Sandhofen gepflanzt wurde, ist ein blühender und wachsender, prächtiger Baum geworden. Das ist umso erstaunlicher angesichts der Tatsache, dass etliche unserer Gründer nach der Rückkehr in ihre sowjetische Heimat die Qualen des Gulag nicht überlebt haben. Schmerzlich ist für uns: wir wissen nichts über ihr Schicksal und kennen zum Teil nicht einmal mehr ihrer aller Namen.

Es hat lange gedauert bis diese Pflanze ein starker Baum mit vielen Ästen wurde. Inzwischen ist es so, dass kaum ein Sonntag ohne Taufen oder christliche Trauungen vergeht. Kaum ein Sonntag vergeht ohne dass nicht eine junge Familie vor unserer Kirchentür steht und um Aufnahme bittet. Das ist eine Entwicklung, die so ganz anders verläuft als bei den hiesigen Amtskirchen, die ähnliche Entwicklungen wie in den neuen Bundesländern befürchten müssen. Dort spielen die Kirchen nur noch eine marginale Rolle im gesellschaftlichen Leben. Diese Verhältnisse sind kein Anlass zur Genugtuung, wir sind eher betrübt über diese allgemeine Entwicklung und leiden mit unseren Schwestern und Brüdern in den Amtskirchen. Vielleicht könnte aber unsere Arbeit Vorbild für die hiesige kirchliche Arbeit sein.

Das Jubiläum wie auch unsere Erfolge waren ein wunderbarer Anlass, ein großes Fest zu feiern, zu dem etliche unserer Schwestern und Brüder aus den orthodoxen Gemeinden und Klöstern Deutschlands zu uns gekommen waren. Es war trotz Wochentag und obwohl einige der eingeladenen Personen aus Politik, Kirchen, Medien und Wirtschaft nicht kamen, ein großes und wunderbares Fest. Nur die Zahl der Kinder, die sonst unsere Kirche bevölkern war nicht allzu üppig. Die waren, weil Wochentag, leider wegen Schulbesuchs mehrheitlich verhindert.

Bei der morgendlichen Liturgie in unserer kleinen Kirche war es dank der Besucher auch aus anderen Regionen Deutschlands und einer stattlichen Zahl an orthodoxen Geistlichen, die mehrheitlich aus dem süddeutschen Raum angereist waren, so eng wie immer. Es war eine bemerkenswerte und überaus würdige Veranstaltung, bei der man schon wegen der großen Menge an Gläubigen das Gefühl hatte, Gott schaut mit Wohlgefallen auf unsere bescheidene und arme Gemeinde.

Nach der Liturgie versammelte man sich zum weltlichen Teil der großen Veranstaltung im Bürgerhaus Neckarstadt unweit unseres Kirchengrundstücks. Natürlich war Vladika Mark, unser Erzbischof der erste und für uns wichtigste Besucher. Er hielt eine lange Rede zur Begrüßung, er erinnerte daran, wie er als junger Mensch unsere Gemeinde kennen gelernt hat, wie er hier als junger Mann getauft wurde und gemerkt hat, dass man auf orthodoxe Weise sein Leben führen kann. Er erinnerte die Gemeinde daran, dass es wichtig ist, das Wissen und den Glauben der älteren Menschen an die jüngeren Mitglieder weiter zu geben und die Orthodoxie zum Inhalt unseres lebens zu machen.

Er erinnerte daran, mit wie viel Leid die Gründung unserer Gemeinde verbunden war. Und er mahnte uns, denn blühende Kirchengemeinden wie die unsrige sind in heutigen Zeiten nicht selbstverständlich. Wir hatten das Gefühlt, er ist auf unsere wachsende und blühende Gemeinde, die so viel Leid erfahren musste, mehr als nur stolz ist.

Generalkonsul der Russischen Föderation in Frankfurt am Main Alexander Bulay erinnerte daran, dass unsere Gemeinde mitten in diesem schrecklichen Weltkrieg von sowjetischen Strafgefangenen gegründet wurde und heute eine blühende Gemeinde geworden ist, die zu einem solchen wunderbaren Fest eingeladen hat.

Die Vertreterin der Stadt Mannheim, die Stadträtin Frau Marianna Bade erinnerte an die Geschichte der Geburtsstunde der Pfarrei, eine Geschichte, die mit der Geschichte der Stadt Mannheim verbunden ist. „Diese Pfarrei erschien zu einer Zeit, die als unmenschlich bezeichnet werden kann, eine Zeit, in der viele den Glauben verloren haben. Es war dem starken und unerschütterlichen Glauben der ersten Gemeindemitglieder zu verdanken, dass in den Baracken des Lagers eine Kirche gegründet wurde. Nicht jeder in Mannheim weiß, dass wir hier eine so junge und lebendige Gemeinde haben. In unserer Zeit der Säkularisierung ist dies eine besondere Kraft. “ Sie lud die Gemeinde ein, sich aktiver an der Entwicklung der Stadt zu beteiligen. Sie bat darum, die Öffentlichkeit und die Schulen in unsere Kirche einzuladen und den Kindern und Erwachsenen von der Geschichte, von den Menschen zu erzählen, die in untröstlichen Zeiten Trost fanden und an die Zukunft glaubten. Ohne Erinnerung an die Vergangenheit gibt es keine Zukunft. “

Zum Frauenkloster in Buchendorf hat unsere Gemeinde ein sehr enges Verhältnis. So war es beinahe selbstverständlich, dass die Äbtissin Mutter Maria mit zwei ihrer Schwestern zu unserem großem Fest kam. Hunderte Kilometer sind sie gefahren wie das auch etliche Gemeindemitglieder aus Mannheim tun, um in Buchendorf zu helfen und Kraft zu schöpfen. „Ein großes Dankeschön an Pater Sergius, dass Sie Ihre Talente mit uns teilen, dass Sie sie gehen lassen. Wir trafen Pater Sergius zum ersten Mal, als wir zusammen eine Pilgerreise nach Jerusalem unternahmen, unter der Leitung von Vladika Mark.“

Nach einem weiteren Grußwort des priesters der Mannheimer girechisch-orthodoxen Kirche gab es einige Darbietungen von unseren Kindern und den jungen Damen unserer Tanzgruppe.

Für das Kommen der Ehrengäste und deren freundliche Glückwünsche danken wir herzlich.

Natürlich hatten alle, die sich in unserer Gemeinde stets um das leibliche Wohl kümmern, an Speisen für die vielen Gäste so viel aufgefahren, dass es noch für die Mahlzeit einer ganzen Schulklasse gereicht hätte. Ihnen, unseren Kindern und den jungen Damen, die mit ihren Gaben und Darbietungen alle Gäste wunderbar und kurzweilig unterhalten haben, herzlichen Dank.

 

Thomas Breier

Dezember 28, 2017